Festakt zum Ortsjubiläum 800 Jahre Ziegelhausen

Meine ganz persönliche Feier

Öffentliche Veranstaltungen zum Fest können momentan nicht stattfinden. Daher werde ich meinen eigenen Festakt feiern und lade alle Ziegelhäuserinnen und Ziegelhäuser, alle Freunde von Ziegelhausen und alle, die es werden wollen, ein, mitzufeiern. Hier ist mein Festprogramm, das ich nach und nach erweitert habe:


Ziegelhausen

Ziegelhausen am Neckar

Im Neckartal reihen sich die Sehenswürdigkeiten, zahlreiche Burgen und sehenswerte Altstädte, wie Perlen auf einer Kette in herrlicher Naturlandschaft aneinander. Ziegelhausen trägt mit dem Stift Neuburg seine Perle dazu bei, „schön wie ein Wunsch“ (ein Ausspruch von August Kestner, 1777 – 1853; Stichwort Kestner-Museum Hannover).


Grußwort von Johannes Brahms

Meinen herzlichsten Glückwunsch an alle Ziegelhäuserinnen und Ziegelhäuser für ihr Ortsjubiläum! Ich habe Ziegelhausen in allerbester Erinnerung. Ich wohnte und lebte allerliebst und letzteres nur gar zu sehr. Ich habe damals gerne auch nicht wenigen lieben Bekannten von mir empfohlen, einmal ein Stück Welt anzusehen, ich meinte natürlich das Stück, auf dem Ziegelhausen steht! Denn wohnen kann man hier behaglich und bei den Menschen hier kann es einem ganz wohl sein. Es war ein schöner langer Sommer. Wäre ich noch länger geblieben, hätte ich mich gar reif für den Ziegelhäuser Gemeinderat gefühlt.

Als leidenschaftlicher Spaziergänger und Wanderer fand ich in den Wäldern um Ziegelhausen eine wunderbare Umgebung. Einerseits gaben sie mir so viel Erholung, andererseits erhielt ich in der freien Natur so viele musikalische Anregungen, von denen ich einige in den Werken untergebracht habe, an denen ich in Ziegelhausen arbeitete.

Johannes Brahms kam am 20. Mai 1875 nach Ziegelhausen, um hier bis zum 15. September im Hause des Kammersängers und Kunstmalers Anton Hanno zu wohnen, wo er sich in seiner Komponierhöhle und im Garten davor auf der Lattenbank wohl fühlte. Bis heute kann man ihm mit viel Glück, Phantasie und Geduld noch begegnen, wie ihn vor einigen Jahren Thilde Hoppe neben dem Brahmshaus auf dem Vorplatz der katholischen Laurentiuskirche am Schultheißenbrunnen traf und sich einen Moment zu ihm auf die damals noch gar nicht existierende Bank setzte. Über ihr Gespräch mit ihm hat sie einen Prosatext geschrieben (Die Begegnung1).

Zum Festakt die Akademische Festouvertüre von Johannes Brahms in c-Moll Op. 80, gespielt vom Haus- und Hoforchester Schlierbacher, nein Heidelberger Sinfoniker (die aus dem Schlierbacher Kammerorchester hervorgegangen sind), eine Aufnahme aus der – noch – altehrwürdigen Heidelberger Stadthalle unter der Leitung von Thomas Fey vom 29. Mai 2014:


Ziegelhausen im Odenwald 

Ziegelhausen liegt im Vorderen und Hinteren Odenwald zugleich. Wie das geht? Nun, der Vordere Odenwald ist der Kristalline Odenwald, der aus Granit und Gneis, mit gut sichtbaren Kristallen, besteht. Der Hintere Odenwald heißt auch Buntsandstein-Odenwald und ist durch die typischen roten Sandsteine geprägt. Ziegelhausen hat Anteil an beidem.


Grußwort von Joseph Viktor von Scheffel

Nun grüß dich Gott, Alt Zieglhaus
Laut rufen alle Glocken
Von Versöhnung und Teresa aus
Zu jubelndem Frohlocken:
Achthundert Jahr – ein hohes Wort,
Doch lang noch nicht das hehrste;
Blüh du nur glückhaft tausend fort,
Dann kommt das tausend erste.

(frei nach Scheffels Gedicht zur 500-Jahr-Feier der Universität Heidelberg 1886)²

Ziegelhausen bei Joseph Viktor von Scheffel

Joseph Victor von Scheffel (Karlsruhe 1826 – 1886 Karlsruhe), Jurist und Schriftsteller,  war mit Pfarrer Schmezer von Ziegelhausen befreundet. Sie trafen sich im Freundeskreis „Im Engeren“ regelmäßig im Pechkranz in der Ziegelhäuser Landstraße (Winter), im Goldenen Hecht in der Heidelberger Altstadt (Sommer) oder aber im Pfarrhaus in Ziegelhausen. Zwei Gedichte hat Scheffel Pfarrer Schmezer gewidmet³: Die Heimkehr (als Pfarrer von Aßmannshausen) und Der Jubilar im Neckartal. Dieses Gedicht endet:

Noch strömt der Neckar frei von Eis,
Die Wellen singen und brausen:
»Hoch! dreimal hoch der Jubelgreis,
Der Pfarrer von Ziegelhausen!«

Nun ist Ziegelhausen selbst der Jubilar.

In Pumpus von Perusia³ sieht man Schmezer „im Engeren“ am Tisch sitzen, als Augur von Tegulinum, was Ziegelhausen bedeutet, von lateinisch tegula, Ziegel. Schmezer hat gern Lieder von Gedichten Scheffels im Engern vorgetragen.

Weisheit entströmt bedachtsam zechender Männer Mund
Zumal an jenem obern, linnenweißen Tisch,
Wo Tegulinums Augur, später Mitternacht
Trotz bietend, ausharrt, einer ehernen Säule gleich,
Und sternenkundig vorsingt in dem Rundgesang.

Die früher viel gelesene Zeitschrift „Die Gartenlaube“ schrieb 1870 (Ernst Keil, Gaudeamus!, in Heft 11, S. 165-167⁴):

Wer Scheffel’s Lieder, wer seine Poesie aus der Zeit des Gaudeamus recht verstehen will, der gehe dahin, wo sie entstanden oder wohin sie gerichtet sind, in’s herrliche Heidelberg. Hat er Herz und Gemüth an der „alten, schicksalskundigen Burg“, an den Wäldern und am rauschenden Strom erfreut; hat er einen Blick auf das liedgefeierte Tegulinum-Ziegelhausen herabgeworfen oder fern am Horizont, dort am Rheinufer hinter Schwetzingen, den Kirchthurm von Ketsch gesucht: so kehre er dann ein, „wo man einen Guten schenkt“, etwa im alterthümlichen Ritter.


Ziegelhausen in Baden

Jetz werds badisch sagt man heute noch, wenn einem etwas seltsam vorkommt. Nun ist es schon über 200 Jahre her, daß Ziegelhausen badisch geworden ist.


Grußwort von Wolfgang Amadeus Mozart

Als ich sieben Jahre alt war, spielte ich in der großen Heiliggeistkirche in Heidelberg auf der Orgel. Das war am 25. Juli 1763 und ist mir noch gut in Erinnerung. Die Orgel, auf der ich gespielt habe, wurde 1809 in die Jesuitenkirche gebracht und dort eingebaut. Die Jesuitenkirche ist ja ebenfalls dem Heiligen Geist geweiht, also auch eine Heiliggeistkirche. Die Orgel hatte mehrfach eine Reparatur nötig und wurde schließlich 1876 im Zuge einer Umgestaltung der Jesuitenkirche ausgebaut. Wie ich erfahren habe, wurde sie Eurer katholischen Pfarrgemeinde St. Laurentius unentgeltlich überlassen. Die Laurentiuskirche in Ziegelhausen war damals, 1876, vergrößert worden, das Querschiff und der heutige Chorraum waren angebaut worden, und die Kirche brauchte daher eine neue, raumfüllende Orgel. Die Orgelbaufirma H. Voit & Söhne aus Durlach hat Euch die neue Orgel gebaut und dabei Holzpfeifen und Bälge der alten Heiliggeist-Orgel, auf der ich gespielt hatte, verwendet und mit eingebaut.⁵ Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis für Klänge, und so habe ich mich gefreut, als ich manchmal neugierigerweise unerkannt in der Laurentiuskirche mit im Gottesdienst war, den Klang der Holzpfeifen vom Konzert in meiner Kindheit zu hören. Wie ich erfahren habe, ist inzwischen in der Laurentiuskirche längst eine neue Orgel eingebaut worden und selbst diese und die Kirche nutzt Ihr gar nicht mehr.

Soweit also meine persönliche Verbundenheit mit Eurem Ziegelhausen. Ich wünsche Euch allen alles erdenklich Gute zu Eurem 800-jährigen Ortsjubiläum!

In der heiligen Geist Kirche … hat unser Wolfgang: die Orgel mit solcher Bewunderung gespielet, daß, zum ewigen Angedencken sein Nahme alda auf ordre des Herrn Statt=Decani an der Orgel mit umständten angeschrieben worden.“
Vater Leopold Mozart in einem Brief


Ziegelhausen in der Kurpfalz

Gerne hielten sich die pfälzischen Kurfürsten in Ziegelhausen auf. Es gibt in Ziegelhausen zwei Orte, die eng mit dem kurfürstlichen Hof verbunden waren. Am Fürstenbrunnen im Steinbachtal hatte der Kurfürst, wie in Schlierbach am Wolfsbrunnen, ein Lusthaus, wo sich der Adel in fröhlicher Runde traf. Von diesem Fürstenhaus aus schaute man, wie am Wolfsbrunnen, auf kurfürstliche Fischweiher. Schon seit 1399 war der Ziegelhäuser Kameralwald im Besitz des Kurfürsten. Ein Jagdhaus⁶ dort war Ausgangspunkt seiner Jagden in diesem ausgedehnten Waldgebiet.




¹Thilde Hoppe-Hoyer, Die Begegnung, in: Rita Reutter (Hrsg.), Poeten-Anthologie, zwanzig Jahre Literaturgruppe „Vita Poetica“ / Akademie für Ältere, Heidelberg, Norderstedt 2006, 29
²Scheffel, Gedicht: Jubiläum der Universität Heidelberg auf zeno.org
³Scheffel, Gedichte: Die Heimkehr, Der Jubilar im Neckartal und Pumpus von Perusia auf zeno.org
Die Gartenlaube 11, 1870 auf Wikisource

⁵Informationen zu „Mozarts“ Heiliggeistorgel:

  • Michael Gerhard Kaufmann, OrgelKlangRaum – Die Orgel architektonisch. Einführung in die Raum- und Funktionsparameter, in: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (Hrsg.), Orgeldenkmalpflege, Klangdenkmale für die Zukunft bewahren, Dokumentation zum 19. Kölner Gespräch zu Architektur und Denkmalpflege in Wuppertal-Barmen, 17. November 2014, Mitteilungen aus dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland Heft 21, 2015, S.17-34, 19-21

⁶eigene Forschungen