Die Mühlkanäle in Ziegelhausen

Durch ein Bauvorhaben ist eine der historischen Mühlen im Ziegelhäuser Steinbachtal, die Lohmühle der Haarlaßgerberei am Rainweg 86, im Februar 2016 wieder ins allgemeine Bewusstsein gerufen worden. Ein Bericht von Thomas Seiler mit Beschreibung ihrer Geschichte erschien am 16.02. in der Rhein-Neckar-Zeitung (nicht mehr kostenfrei verfügbar) und textgleich im Heft 4 vom 24.02.2016 der Stadtteil-Rundschau (vom Stadtteilverein inzwischen gelöscht). Oberhalb und unterhalb dieser Mühle findet man die letzten noch gut erhaltenen Abschnitte von Mühlkanälen in Ziegelhausen.

1752 wird erstmals eine Weißmühle (Getreidemühle) am Rainweg erwähnt. 1776 erwarb Johann Beck aus Alzey, der in diesem Jahr auf dem Haarlaß eine „Lütticher Sohlleder fabrique und holländische rohe Häute Handlung“ eingerichtet hatte, einen Mühlplatz unmittelbar neben der Weißmühle. Er richtete eine Lohmühle ein, um die zum Leder gerben benötigte Lohe aus zermahlener Eichenrinde herstellen zu können. Das Wasser der Mühle hatte ein Gefälle von sieben Metern. Damit war es möglich, die beiden Mühlwerke hintereinander zu betreiben. Dieses Gefälle wurde durch einen Mühlkanal ermöglicht, der vom Zusammenfluss der beiden Steinbäche ausgehend fast eben am Hang entlang angelegt wurde. Bei genauer Beobachtung lässt sich dieser überdeckte und mit Gras bewachsene Mühlkanal heute noch entdecken. Vermutlich kann man ihn nur noch auf absehbare Zeit sehen, bevor das Grundstück verkauft und bebaut wird. Es handelt sich um das unterhalb des Rainwegs nördlich an die Mühlengebäude anschließende Wiesenstück.

Der Mühlkanal ist auf dem Bebauungsplan „Oberer Rainweg“ der Gemeinde Ziegelhausen vom 1961 eingetragen. Dort ist zu erkennen, dass sein Anfang, wo er von der Steinbach abgeleitet wurde, an Stelle der heutigen Einfahrt der Zimmerei Maisch lag. Demnach ist er heute von der Wasserzufuhr abgeschnitten und man kann kein Wasser mehr durch ihn fließen lassen. Der Einlauf in die Mühle ist heute noch gut zu sehen.

Nach dem Auslauf der Mühlen floss das Wasser in einen Kanal am Hangfuß, der heute noch im Bereich der Mühle auf kurzer Strecke, aus Sandsteinen gemauert, erhalten ist. Dort, ganz am Ende des Weges Am Fürstenweiher, kann man noch sehen und hören, wie das Wasser hindurchrauscht. Noch bis in die 1970er Jahre führte in Verlängerung dieses Kanals ein Bachlauf mit einem begleitenden Fußweg bis fast zum Fürstendamm am Hangfuß entlang, dort wo heute die Straße Am Fürstenweiher verläuft. Noch früher verlief der Bachlauf weiter am Hangfuß entlang bis zur Neckarschule.

Er folgte am bergseitigen Wegesrand der heutigen Straße „Am Fürstenweiher“ bis zum Mühldamm. Im weiteren Verlauf bis zur Macke Mühl läßt sich der Kanal und sein Verlauf bei den Mühlengebäuden gut auf der Kartengrundlage von zwei Bebauungsplänen der Gemeinde Ziegelhausen verfolgen. Allerdings fehlt dort schon die Eselsmühle. Unterhalb des Mühldamms führte der Kanal nach der Eselsmühle auf die Pulvermühle, später Hammerschmiede zu und durch das Gebäude hindurch. Heute steht an dieser Stelle die Versöhnungskirche. Nach der Mühle verlief der Kanal wenige Meter unterhalb des Mühlweges. Nördlich des Parkplatzes der katholischen Kirchengemeinde kann man bei genauem Hinsehen an seiner Stelle noch einen Absatz am Hang erkennen. Nach dem Kirchenparkplatzgrundstück lag der Kanal unmittelbar neben dem Mühlweg, bis zum auffallend schräg stehenden Gebäude der alten Schleifmühle, deren Mühlrad an der Südwestseite des Gebäudes lag. Am Privatweg entlang, dem Bachweg vom Mühlweg aus, führte der Mühlkanal bis zur Macke Mühl (Familie Fischer), bei der der gemauerte Zulauf zum Mühlrad heute noch erhalten ist. Im weiteren Verlauf, auf den Bebauungsplänen schwerer nachzuvollziehen, lief das Mühlwasser noch zu den beiden restlichen Mühlen im Steinbachtal, der Walkmühle, ein ebenfalls noch auffallend schräg stehendes Gebäude an der Peterstaler Straße 21, und der Hosefelderei, heute Sitz des Verkehrsvereins.

Diese Mühlbach sorgte für die Wasserzufuhr der Mühlen im Steinbachtal. Zusätzlich gab es einige kürzere Verbindungskanäle zur Regulierung der Wasserzufuhr. Die ursprüngliche Steinbach floss in der Mitte des Talgrundes, wo sie auch heute noch zwischen dem Steinbachdamm und dem Mühlweg über mehrere Privatgrundstücke hinweg als offene Bach erhalten ist.

Eine weiterere „Mühlbach“ führte früher, von der Steinbach abgeleitet, durch die ganze Neckarhelle bis zur Stiftsmühle. Dort verstärkte sie die Kraft der Mausbach zum Antrieb der Stiftsmühle (erste erhaltene Erwähnung 1399 als „walkemulne zu Nuenburg“). Die Mausbach trug ursprünglich den Namen Mulspach (1476 erstmals schriftlich überliefert), also Mühlbach. Bereits 1534 erscheint in den Schriftquellen der Name Meysenbach, also wohl Mäusenbach, nach dem Ziegelhäuser Plural von Maus: Mais. Die Meysenbach trieb noch eine weitere Mühle an. Sie ist auf einer Zeichnung des Kurpfälzischen Skizzenbuchs zu sehen, die das Stift Neuburg um 1590 herum von der Bergseite her zeigt. Das Stift hatte dort, zur Mausbach hin, eine kleine Mühle mit einem oberschlächtigen Wasserrad. Die Zeichnung zeigt eine hölzerne Wasserrinne, ein sogenanntes Gerinne, das auf Holzständern gelagert war und das Wasser auf das Mühlrad führte.

Tobias Städtler in: Stadtteilrundschau Ziegelhausen und Peterstal, 45. Jg. Heft 12, 22. Juni 2016
Blau hervorgehobener Text ergänzt im August 2020.

Bilder zur Ergänzung

Am unteren Grundstücksrand beim Jägerzaun verläuft der Mühlkanal, bedeckt von grünem Gras. Im Hintergrund rechts die Lohmühle. Auf dem Mühlkanal führte in früheren Jahrzehnten noch ein öffentlicher Fußweg entlang, der zwischen dem Wirtschaftsgebäude und dem Wohnhaus der Lohmühle durch und hoch zum Rainweg führte.

Nachdem das Grundstück vor einigen Jahren von Akin-Bau verwüstet wurde, liegt es nun brach, bis die Immobilienpreise gestiegen sind. Dann wird es wohl komplett überbaut, vielleicht mit einem „Sultan-Akin-Palast“ ähnlich wie in Eppelheim (Berichte in der RNZ, seit Einschränkung des kostenlosen Online-Angebots nicht mehr abrufbar; für Abonnenten: RNZ – Berichte zum „Sultan-Akin-Palast“). Bis dahin hätte einen hier noch die ursprüngliche Streuobstwiese erfreuen können…

Der Wassereinlauf in die Mühle. Rechts ist die vor einigen Jahrzehnten nachträglich eingefügte Bebauung in der ehemaligen Lücke zwischen dem Mühlengebäude (unten) und dem Wohnhaus (oben) zu erkennen. Zuvor lief hier zwischen den Gebäuden der Fußweg zum Rainweg durch.

Der Mühlkanal am Hangfuß, der von der Steinbach abgeleitetes Wasser führt und in den das Mühlwasser der Lohmühle – das Gebäude im Hintergrund – floß. So idyllisch sah das aus, bevor die Großbaustelle (RNZ-Berichte zum „Baustellenkrimi“; erloschen) begann. Im Vordergrund links eine öffentliche Treppe auf privatem Grund als Verbindung zum Rainweg, die seit längerem nicht mehr benutzbar ist.

Die Südseite der Lohmühle. Das Gefälle des Wassers von 7 Metern wird hier anschaulich. Rechts ist der Mühlkanal zu erkennen. Auf der Breite der Balkone bestand früher eine Lücke zwischen den Gebäuden. Hier kam der Fußweg zum Rainweg heraus.

Detail auf der Südseite.

Stift Neuburg von oben mit der Mühle, zu sehen ist das auf das oberschlächtige Wasserrad führende Gerinne. Kurpfälzisches Skizzenbuch, im frühen 17. Jh. nach einem Originalbild von etwa 1590 abgezeichnet.

Karte von Ziegelhausen mit den Mühlkanälen/Mühlbächen in der Neckarhelle und im Steinbachtal;
„Uebersichts-Plan der Gemarkungen Petersthal und Ziegelhausen“, Vermessung 1881, gedruckt 1885, Ausschnitt;
Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, H-1 Nr. 1445 Bild 1, Permalink


Fotos: © Tobias Städtler