Die Ziegelhäuser Neckarbrücken – Der Entwurf von 1897

Bereits 1897 legte der Großherzoglich Badische Oberingenieur Friedrich Stolz einen Entwurf für eine Brücke über den Neckar zwischen Schlierbach und Ziegelhausen vor:

Brückenentwurf 1897
(Permalink zum Digitalisat bei der UB Heidelberg: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/stolz1897/0003 Lizenz: Publik Domain, Urheberrecht erloschen)

Eine Brücke mit eisernen Fachwerkträgern auf steinernen Pfeilern sollte den Vorteil haben, daß große Spannweiten erreicht werden, um bei Extremhochwassern einen guten Durchfluß zu gewähren. Die Fachwerkträger würden zwischen den beiden Flußpfeilern sowie zu den weit hinter das Ufer zurückverlegten Widerlagern Stützweiten von jeweils 48 Metern überspannen. Bei der tatsächlich gebauten Neckarbrücke betrug die Spannweite zwischen den beiden Flußpfeilern 41,50 Meter, bei der heutigen Brücke beträgt sie 62 Meter.

Um einen Eindruck zu verschaffen, wie die Brücke in Ziegelhausen gewirkt haben könnte, habe ich Fotografien von ähnlichen Brücken gesucht. Eine exakt gleiche Brücke konnte ich nicht finden. Aber die Brücke von Wintersdorf gibt einen recht guten Gesamteindruck von einer Eisen-Fachwerkbrücke ähnlicher Bauart. Die Ziegelhäuser Brücke hätte noch etwas filigraner gewirkt. Auf beiden Seiten wären außerhalb der Eisenkonstruktion noch Fußwege verlaufen und wären so gut von der Fahrbahn getrennt gewesen. Die Brücke im Bild ist ebenfalls eine badische Brücke, die Eisenbahnbrücke (heute Autobrücke) über den Rhein zwischen Wintersdorf (Rastatt) und Beinheim im Elsaß. Erbaut wurde sie 1895. Die Spannweite der Fachwerkträger beträgt 92 m.

Rheinbrücke Wintersdorf
Foto: Roehrensee, Wikimedia Commons, Lizenz: CC-BY-SA-3.0, Direktlink

Der Eindruck bei der Durchfahrt hätte etwa folgender sein können:

Wintersdorf Durchfahrt
Foto: Roehrensee, Wikimedia Commons, Lizenz: CC-BY-SA-3.0, Direktlink

Die Brücke sollte an der Stelle der Fähre gebaut werden, beim alten Schlierbacher Bahnhof, der weiter westlich lag als der heutige (bzw. die Bahnsteige reichen heute bist dort hin). Der Brückenkopf auf der Ziegelhäuser Seite wäre beim heutigen Kucheblech herausgekommen. Dort lag an der Hauptstraße das damalige Rathaus, eines der wenigen Ziegelhäuser Häuser mit profilierten Fenstergewänden. Über der Tür war eine Nische für eine Heiligenfigur angebracht. Dieses denkmalwürdige Haus wurde nach der Eingemeindung, zwischen 1975 und 1985, abgerissen. Um zu sehen, wie die Eisenbrücke an dieser Stelle gewirkt hätte, habe ich ein entsprechendes Bild zusammengebastelt. Die eingefügte Brücke basiert auf der originalen Planzeichnung.

Rekonstruktion der geplanten Fachwerkbrücke
Foto und Montage: © T. Städtler

So hätte also die Ziegelhäuser Neckarbrücke aussehen können. Aber erst 1913/14 wurde eine Brücke gebaut, von ganz anderem Charakter, eine Eisenbetonbrücke mit Sandsteinverkleidung. Schon 1945 hat man die Brücke, am Ende des Zweiten Weltkrieges, wieder gesprengt.

Die heutige Brücke ist eine Spannbetonbrücke, steht seit 1954 und wird nun nicht mehr lange stehen. Weil sie der Last des heutigen Verkehrs nicht mehr gewachsen ist, wird sie in vielleicht zehn Jahren durch wieder eine neue Brücke ersetzt werden müssen. Wie diese neue Brücke – dann der vierte Entwurf für eine Ziegelhäuser Neckarbrücke – wohl aussehen wird? Ob sie schlicht sein wird und elegant, oder eher, wie vieles heute, protzig, klobig und erdrückend, wieder eine Spannbetonbrücke oder diesmal eine Schrägseilbrücke?

Wie würden wir Ziegelhäuser uns die Brücke wünschen?

Friedrich Stolz, Die Erbauung einer Brücke über den Neckar zwischen Schlierbach und Ziegelhausen, 1897 (32 S., 2 Tafeln mit Plänen); UB Heidelberg, digital abrufbar


Die Ziegelhäuser Neckarbrücken 2 – Interessante Details

Der Text ist bewußt nach der alten, traditionellen Rechtschreibung geschrieben.