Archiv der Kategorie: Ziegelhausen

Ézanville

Die katholische Kirche Notre Dame de l’Assomption (Mariä Himmelfahrt) (GFreihalter, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Ein Straßenname in Ziegelhausen fällt besonders auf: Ézanvillestraße. Zwischen all den Straßennamen mit unmittelbarem lokalem Bezug ist dies ein französischer Name, der auf einen Ort in Frankreich hinweist. Es ist der Partnerort von Ziegelhausen. 1972 wurde die Partnerschaft zwischen den beiden Gemeinden geschlossen. Heute hört man, außer dem Straßennamen, nichts mehr davon. Die Partnerschaft wurde jedoch nie aufgehoben, sie ist nur eingeschlafen und könnte jederzeit wiederbelebt werden. Die Gemeinde Ézanville weist auf ihrer Internetseite noch auf ihre Jumelage mit Ziegelhausen hin.

Ézanville liegt etwa 20 km nördlich von Paris. Von Ziegelhausen sind es Luftlinie 466 km und 565 km Fahrstrecke. Das ist ungefähr so weit wie nach Hamburg. In etwa fünfeinhalb Stunden ist man dort. Ézanville liegt im Département Val-d’Oise (Dép. Nr. 95) in der Region Île-de-France.

Ézanville hat einiges mit Ziegelhausen gemeinsam. Beide Orte haben, mit rund 9.600 Ézanvillois und rund 9.300 Zigglhaiser, etwa gleich viele Einwohner. Allerdings ist Ézanville seit 1960 auf das Dreifache gewachsen, während Ziegelhausen Ende der 60er Jahre schon fast so groß war wie heute. Beide Orte liegen auf 19° 2′ nördlicher Breite. Beide Orte wurden etwa um die gleiche Zeit zum erstenmal schriftlich erwähnt: Ziegelhausen 1220 als domus latericium (lateinisch Ziegelhaus), Ézanville 1254 als Esenvilla. Ziegelhausen ist seit seiner ersten Erwähnung, wie auch der Name sagt, mit der Herstellung von Ziegeln verbunden, genauer gesagt anfangs Mauerziegeln (lat. lateres), also Backsteinen. Das Bevölkerungswachstum von Ézanville in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begründete sich auf einen florierenden Abbau von Lehm für Backsteine.

Bewaldetes Wasserrückhaltebecken am Petit Rosne (Alexlfbr, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Unterschiede bestehen in den Gemarkungen. Mit 14,75 Quadratkilometern ist die Gemarkung von Ziegelhausen ungefähr dreimal so groß wie die von Ézanville mit 5,20 Quadratkilometern. Der größte Teil der Ziegelhäuser Gemarkung besteht aus Wald. Ézanville dagegen hat sehr wenig Wald, vor allem in der Bachaue des Petit Rosne. Die Gemarkung von Ézanville besteht außerorts aus landwirtschaftlich genutzten Flächen, überwiegend Feldern und etwas Obstbau. Die benachbarten Orte liegen nahe beieinander. Zum Teil sind sie mit Ézanville zusammengebaut. Die Gemarkung von Ézanville ist recht eben, zwischen 72 und 118 m über dem Meeresspiegel. In Ziegelhausen dagegen erstrecken sich die Höhenunterschiede von 108 bis 539 m.

Beide Orte teilen sich einen Bahnhof mit einem Nachbarort (Bahnhof Schlierbach – Ziegelhausen und Gare de Écouen – Ézanville). Mit vier Grundschulen (in Frankreich 1. bis 5. Klasse) hat Ézanville doppelt so viele wie Ziegelhausen und dazu ein Collège (Schule der Sekundarstufe I, 6. bis 9. Klasse). Ein Hallenbad mit 25-m-Becken haben beide Orte. In Ézanville lässt sich im Sommer das Dach aufschieben. Im Oktober 2016 eröffnete Ézanville eine Gemeindebibliothek mit 8.000 Bänden. Ziegelhausen könnte sein Museum im Alten Rathaus seit vielen Jahren mal wieder eröffnen. Übrigens hat Ézanville keine Ziegelhausenstraße.

Eindrücke

Luftaufnahme von Ézanville (Pymouss, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)
Altes Rathaus, heute Albert-Camus-Grundschule, und Wasserturm (P.poschadel, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
Beim Bahnhof (P.poschadel, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Wappen

Wappen von Ézanville (Spedona, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Mit Begründung der Partnerschaft mit Ziegelhausen 1972 wurde ein Wappen für Ézanville geschaffen. Es zeigt die Zugehörigkeit der Gemeinde

  • zum Merowingerreich mit dem Mühleisen (oben links)
  • zur Île-de-France mit den drei königlichen Lilien (oben rechts)
  • zum Haus Montmorency mit einem roten Kreuz und 16 Adlern1 (unten links)
  • zur Europäischen Union mit dem Kreis von 12 Sternen (unten rechts)

Ézanville im Netz


  1. Alérions, d. h. „gestümmelte Adler“ ohne Schnabel und Fänge mit ausgebreiteten Flügeln, eine typische französische Wappenfigur ↩︎

Ziegelhausen: Interessantes im Netz

Link-Tips

Hier stelle ich ein paar Links zusammen, auf die ich in letzter Zeit oder schon länger gestoßen bin, und die für Ziegelhausen, Peterstal und Schlierbach interessant sind.

Via Monumentum – Denkmalpflege Heidelberger Friedhöfe e.V.

Die Seite befindet sich in Überarbeitung und ist zur Zeit direkt nicht zu erreichen. Unter www.via-monumentum.de erscneint nur die Meldung:
„Der Verein VIA MONUMENTUM – Denkmalpflege Heidelberger Friedhöfe ist aufgelöst
Der Internetauftritt befindet sich in Bearbeitung“

Aber die einzelnen interessanten und informativen Seiten existieren noch:

Der Kapellengarten

Bei der Gutleuthofkapelle in Schlierbach entsteht ein Gemeinschaftsgarten in Permakultur. Die Fortschritte lassen sich am besten vor Ort erkunden. Dort gibt es auch Informationsschilder zu den gesetzten Pflanzen. Die Entwicklung des Projekts und was es Neues gibt, kann man hier verfolgen:

Problem Kammerkopf und Windkraft

Aus aktuellem Anlass habe ich hier Seiten in Zusammenhang mit dem Streit um den Kammerkopf zusammengestellt. Eine Bürgerinitiative hat sich in Ziegelhausen im Mai gegründet mit einer neuen Internet-Präsenz. Außerdem folgen Links, in denen verschiedene Informationen, Wissenschaftliche Analysen und Meinungen zu finden sind, sowie eine Online-Petition. Übrigens ist der korrekte Name des Berges Kammerkopf, wie ich im vorausgegangenen Beitrag dargelegt habe.

Neuere:

Die relevanten Artikel der Rhein-Neckar-Zeitung sind nicht öffentlich frei zugänglich, nur noch für Abonnenten zu lesen und deshalb hier nicht verlinkt.

Ziegelhausen, Schlierbach und Nachbarorte im Netz

Hier folgen weitere informationsreiche Links.

Ziegelhausen

Schlierbach

Nachbarorte

Spezielle Themen

Kammerkopf! Ein alter Schreibfehler

Der richtige Name ist Kammerkopf

Es tut mir schon immer weh, wenn ich auf verschiedenen amtlichen Karten das Wort Lammerskopf lese. Nun trifft es mich noch viel mehr, weil der Name des Berges aktuell ständig in den Medien ist. Bekanntlich sollen auf dem gesamten Bergrücken, zu dem der Kammerkopf gehört, etwa 15 Windräder errichtet werden. Die Meinungen dazu gehen weit auseinander, ein heftiger Streit zwischen dem Landesforst, der Stadt Heidelberg, angrenzenden Gemeinden, Bürgern, Umweltverbänden und Betreiberfirmen ist vorprogrammiert. Hätte sich das nicht vermeiden lassen?

1399 eigneten sich die Pfalzgrafen von Heidelberg den Wald östlich von Ziegelhausen an. Er wurde von der kurfürstlichen Hofkammer verwaltet und trägt daher bis heute den Namen Kameralwald. Vom kurfürstlichen ging er 1803 in Besitz des badischen Staates über und ist bis heute Staatswald. Da man früher Kammer mit C schrieb, hieß der Wald seinerzeit Camerforst oder Cammerforst. Nun waren die Urkundenschreiber offensichtlich wenig sorgfältig oder ihre Vorgänger hatten eine unsaubere Schrift. Jedenfalls kam es zu Schreibfehlern. Statt Cammerkopf liest man schon 1661 Cammerhoff und in Folge auch Lammerhoff – Sauklaue (?!). in den nachfolgenden Urkunden wurden die Namen aus Vorgängerurkunden abgeschrieben. In den Weistümern und Grenzbeschreibungen der Zent Schriesheim wechseln die Formen mit C und mit L. Die Hälfte war also falsch geschrieben. Heute hat sich auf den amtlichen Karten zufällig, und weil niemand sich etwas dabei gedacht hat, was der Name bedeutet, die falsche Form Lammerskopf durchgesetzt.

Die Verwechslung von C und L war, nicht ganz sauber geschrieben, leicht möglich, weil sich beide Großbuchstaben in den alten Schriften ähnlich sahen. Auch der Kammerstein auf dem Kammerkopf hieß statt Cam(m)erstein teilweise Lammerstein. Zum Glück ist der Name Kameralwald und sein in der Geschichte begründeter Ursprung noch bekannt. Ebenso heißt der Berg bei den (alten) Ziegelhäusern, die es ja wohl am besten wissen, Kammerkopp.

Über den Künstler Georg Maria Eckert

Am zum Neckar abfallenden Hang des Kammerkopfes zieht sich ein Tal steil den Berg hinunter, das Breite Ried (häufig falsch als Breitried geschrieben und zudem auf amtlichen Karten auf dem Hang neben dem Tal eingetragen). Im Breiten Ried liegt das schöne und charaktervolle Felsenmeer „im Breiten Ried“ oder Lagerfelsen (überliefert ab 1880). Durch einen offensichtlichen Abschreibfehler auf einer Karte von 1891 wurde daraus Jägerfelsen und so heißt das Naturdenkmal heute offiziell Felsenmeer Jägerfelsen.

Auf dem Höhenrücken Richtung Norden folgt ein weiterer Berggipfel, das Ochsenlager oder der Salzlackenberg. Salzlacke ist ein häufiger Bestandteil von Flurnamen. Dort wurden fürs Wild oder Vieh Salzlecksteine angebracht.1 Was liest man auf den offiziellen Landkarten?: Salzlakenbusch. Das sieht mir danach aus, wie wenn jemand abgekürzt hätte „Salzlackenb.“ und der nächste hätte die Abkürzung falsch gedeutet. Das sind bei weitem noch nicht alle Abschreibfehler, die den alten Ziegelhäusern in der Seele weh tun müssen. Vielleicht könnte man alle einmal berichtigen und einschließlich auf den amtlichen Karten die korrekten und historisch begründeten Namen verwenden.

PS (20.6.): Woher hat wohl der Kammerkopfweg (z. B. auf dem amtlichen Stadtplan) seinen Namen??

Literatur dazu:

  • Reinhard Hoppe, Die Flurnamen von Ziegelhausen, Oberrheinische Flurnamen, Band 3 Heft 6, 1956
  • Reinhard Hoppe, 750 Jahre Ziegelhausen, 1220–1970, 1970
  • 1Südhessisches Flurnamenbuch, Stichwort Salz; Name Salzlackenberg (auch 2x im hessischen Odenwald) im Hessischen Flurnamenbuch

Ähnliches Thema:

Über den Namen Köpfel, der vom Berggipfel (ein kleiner Kopf) immer weiter herunterwandert, über den Büchsenacker und bald noch zum Neckar, habe ich im folgenden Beitrag geschrieben:

Natur- und Waldputz in Ziegelhausen

Ziegelhausen ist seit Sonntag, 26. März zwischen Köpfel, Büchsenacker und Mausbachtal vom Müll befreit. Zahlreiche Helfer, auch viele Familien und Kinder, haben dazu beigetragen, ganze Säcke voll einzusammeln. Vom Dauerregen ließen sie sich nicht beeinträchtigen. Mit dabei waren Vertreter der Mountainbiker des Deutschen Alpenvereins, der Waldschule und des Waldkindergartens am Köpfel. Der Aktionstag Natur- und Waldputz von Natürlich Heidelberg fand zum erstenmal auch in Ziegelhausen statt.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: eine Ladefläche voll Müll lag in der Landschaft – leider
Frisch geputzt: die Landschaft am Köpfel mit Will-Sohl-Anlage
Nach getaner Arbeit – jetzt kam auch die Sonne raus

Alle Fotos: ©Tobias Städtler

Wer weiß etwas? – Rudi Müllers

Der Maler Rudi Müllers

Im Museum im Alten Rathaus Neckargemünd fand vom 23. November bis zum 18. Dezember 2022 eine Ausstellung zum Thema Herkunfts- und Sehnsuchtsort: Heidelberger Maler im 19. und 20. Jahrhundert statt. Darin war z. B. auch ein Gemälde vom Stift Neuburg in Ziegelhausen von Rudi Müllers, München 1895–1972 Ziegelhausen, zu sehen: Blick ins Neckartal bei Stift Neuburg (Öl, 38,5 x 43 cm, Privatbesitz).

Die Ausstellung ist beendet. Die Dauerausstellung zur Stadtgeschichte, Entwicklung der Neckarschiffahrt, Volkskunde und Kunstgeschichte ist sonntags 11 – 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Das Begleitheft zur Sonderausstellung (88 Seiten) ist noch erhältlich. Information: Museum im Alten Rathaus Neckargemünd

Rudi Müllers war Architektur- und Landschaftsmaler. Er studierte Malerei an der Kunstakademie München und in Leipzig wohl an der Städtischen Gewerbeschule. Ab 1928 wohnte er in Mannheim in D4,6, in der Nähe der Sternwarte. 1945 eröffnete er in Heidelberg am Kornmarkt ein Büro für Werbegrafik. Er zeichnete unter anderem Hafen- und Industrieszenen von Mannheim und Innenansichten von Heidelberg. „Wie bei seinen Grafiken achtete er bei seinen Ölgemälden auf eine genaue und detaillierte Erfassung der Bildmotive. Die Farben, ein wenig pastos aufgetragen, sind fein nuanciert und harmonisch aufeinander abgestimmt.“ (Benno K. Lehmann, Ausstellungskatalog 2022, S. 84-85)

Die Werke von Rudi Müllers sind noch nicht gemeinfrei. Daher kann ich hier kein Gemälde zeigen. Das Ölgemälde Blick ins Neckartal bei Stift Neuburg ist im Ausstellungsflyer abgedruckt, der auf der oben angegebenen Museumsseite heruntergeladen werden kann. Das Heimatmuseum Seckenheim widmete Müllers 2010 eine Ausstellung.

Einige Bilder von Rudi Müllers, auch das von Stift Neuburg, zeigt folgende Seite: https://www.invaluable.com/artist/mullers-rudi-x6d59n7wp8/sold-at-auction-prices/ (u.a. 2 Ansichten von Neckarsteinach und eine von Mückenloch, abgerufen 2.1.2023)

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Weiß jemand näheres über Rudi Müllers und seine Zeit in Ziegelhausen? Er ist am 15. September 1972 in Ziegelhausen gestorben. Sein Grab auf dem Bergfriedhof ist noch erhalten. Für Hinweise bin ich dankbar.

Literatur

verwendet

Benno K. Lehmann, Herkunfts- und Sehnsuchtsort: Heidelberger Maler im 19. und 20. Jahrhundert, Begleitband zur Ausstellung, Museum im Alten Rathaus Neckargemünd, 23. Oktober bis 18. Dezember 2022, S. 84f

weitere Literatur

Henner-W. Harling, Der Maler Rudi Müllers fand in Schriesheim einen außergewöhnlichen Blickwinkel, Schriesheimer Jahrbuch. Jg. 13, 2009, S. 140 – 144

Rudi Müllers, Das malerische Frankfurt a.M., 6 Original-Radierungen von Rudi Müllers (Mappe)